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Re: Kaiser Wilhelm II.
Sa 12 Okt 2024 - 0:48
Nun näheres zu seiner Abdankung nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Abdankung_Wilhelms_II.
Die Abdankung Wilhelms II., die am 9. November 1918 ohne seine Zustimmung verkündet wurde, markiert das Ende seiner Herrschaft als Deutscher Kaiser und König von Preußen. Der Präsident der Vereinigten Staaten, Woodrow Wilson, hatte am Ende des Ersten Weltkriegs kaum verhohlen einen Rücktritt des Kaisers als Bedingung für ein Waffenstillstandsabkommen mit dem Deutschen Reich genannt. Dieser Forderung schlossen sich bald Teile des deutschen Bürgertums und der Reichsregierung an, um günstigere Friedensbestimmungen zu bekommen und der Revolution den Wind aus den Segeln zu nehmen, die angesichts der absehbaren Kriegsniederlage drohte. Diesem Druck entzog sich Wilhelm II., indem er am 29. Oktober ins Große Hauptquartier im belgischen Spa floh. Als die Novemberrevolution am 9. November 1918 Berlin erreichte, verkündete Reichskanzler Prinz Max von Baden die Abdikation des Kaisers, ohne von diesem dazu autorisiert worden zu sein. Daraufhin floh Wilhelm II. unter entwürdigenden Umständen weiter in die Niederlande und bat um politisches Asyl. Im Deutschen Reich wurde dies vielfach als Bruch des Treueids und als Fahnenflucht gedeutet und trug dazu bei, dass die monarchistische Bewegung während der Weimarer Republik schwach blieb.
Die Flucht in die Niederlande und das Abdankungsschreiben
Wilhelm II. am belgisch-niederländischen Grenzübergang Eijsden, 10. November 1918 Telegramm Wilhelms an die niederländische Königin, 11. November 1918
Am 9. November gegen 14 Uhr wurden die Geschehnisse in Berlin bei der OHL in Spa bekannt. Wilhelm rief seinen Cousin an und beschimpfte ihn als „Schuft“, doch ließen sich die Ereignisse nicht ungeschehen machen. Hindenburg, der sich in der Diskussion um die Abdankung bislang zurückgehalten hatte, ergriff die Initiative:[101] Weil das Gerücht umging, revolutionäre Truppen wären auf dem Weg nach Spa, riet er nun unter Tränen dem nunmehr ehemaligen Kaiser zur Abreise: Er wolle auf jeden Fall verhindern, dass Wilhelm „von meuternden Soldaten nach Berlin geschleppt und der revolutionären Regierung als Gefangener ausgeliefert“ werde. Groener widersprach zunächst, seiner Meinung nach dürfe der Kaiser das Heer nur verlassen, wenn er vorher abdanke. Allen Anwesenden stand das Schicksal des letzten Zaren Nikolaus II. vor Augen, der wenige Monate zuvor von Revolutionären ermordet worden war. Um 16 Uhr bestellte der Kaiser die Oberkommandierenden zur Verabschiedung, bei der er Groener den Händedruck verweigerte. Laut einer späteren Aussage Groeners ließ sich Wilhelm nach längerem Schweigen wie ein kleines Kind in seinen Hofzug führen, den man zusätzlich hatte bewaffnen lassen. Dort verbrachte er die Nacht zum 10. November.[102] Er schrieb noch einen Brief an seine Frau, der deutlich macht, wie hilflos er war und wie sehr er die Lage verkannte:
Morgens um 5 Uhr setzte sich der Zug in Richtung auf die niederländische Grenze in Bewegung, einige Mitglieder von Wilhelms Entourage folgten in Autos. Aus Sorge, der auffällige Zug könnte angegriffen werden, stieg Wilhelm nach wenigen Kilometern in La Reid in eines der Autos um, von denen man die kaiserlichen Standarten entfernt hatte.[104] Ob die Reise auf Einladung von Königin Wilhelmina erfolgte und durch General Joannes Benedictus van Heutsz vorbereitet worden war, der vom 5. bis zum 8. November ebenfalls in Spa gewesen war, wie es der Völkerrechtler William Schabas für wahrscheinlich hält, ist nicht gesichert.[105]„Max hat seinen Verrat voll durchgeführt, den er seit Wochen mit Scheidemann gesponnen. Ohne mich zu fragen oder ohne einen Schritt von mir zu erwarten, hat er mich abgesetzt, durch eine hinter meinem Rücken veröffentlichte Abdankung vom Jungen [gemeint ist der Kronprinz] und mir. Er hat sodann die Regierung an die Sozialisten abgegeben, und Ebert ist Reichskanzler geworden. Berlin ist in der Hand der Bolschewiken […] Welch ein furchtbarer Zusammenbruch. Welch eine gemeine und niederträchtige Untergrabung unseres herrlichen Heeres und lieben alten preußischen Staates! Ebert haust in Bismarcks Zimmer, vielleicht bald im Schloss. Da der Feldmarschall mir heute Nachmittag erklärte, für meine Sicherheit in der Truppe nicht mehr bürgen zu können, so verlasse ich auf seinen Rat das Heer nach furchtbar schweren [inneren] Kämpfen.“[103]
Die Umstände des Grenzübertritts waren demütigend für Wilhelm.[106] Weil die Benachrichtigung der zuständigen niederländischen Stellen nicht funktioniert hatte, wurde ihm, als er gegen 7 Uhr früh im Grenzort Eijsden (südlich von Maastricht) eintraf, der Grenzübertritt verwehrt. Auf dem Bahnsteig musste er sich von belgischen Arbeitern beschimpfen lassen, die herbeigelaufen kamen, um den prominenten Reisenden zu sehen: französisch À bas Guillaume, assassin! – „Nieder mit Wilhelm, dem Mörder!“ Der Stationsvorsteher erlaubte Wilhelm schließlich, Zuflucht in seinem Büro zu suchen. Währenddessen beriet das niederländische Kabinett von Ministerpräsident Charles Ruijs de Beerenbrouck in Den Haag mit der Königin darüber, wo man Wilhelm würde unterbringen können. Eines der königlichen Schlösser schien aus außenpolitischen Gründen nicht in Frage zu kommen, zumal die Nachricht von Wilhelms Rücktritt noch nicht bestätigt war. Weil die Telefonämter an diesem Sonntag nicht vollzählig besetzt waren, hatten die Regierungsmitglieder Schwierigkeiten, die in Frage kommenden Adligen zu erreichen. Erst am Nachmittag sagte Graf Godard van Aldenburg-Bentinck zu, Wilhelm könne auf seinem Schloss Amerongen unterkommen, auch wenn er ihn persönlich noch nicht kenne. Nachdem die niederländische Regierung nach drei weiteren Stunden der Suche keine bessere Möglichkeit gefunden hatte, fuhren niederländische Beamte, begleitet vom deutschen Botschafter Friedrich Rosen nach Eijsden. Sie teilten Wilhelm mit, dass die niederländische Regierung einstimmig beschlossen hatte, ihm Asyl zu gewähren.[107] Insgesamt hatte Wilhelm 24 Stunden auf die Einreise warten müssen.[108]
Offiziell hatte Wilhelm noch nicht abgedankt – die Pressemitteilung des Kanzlers war ohne rechtlich bindende Wirkung. Daher war er noch ein Offizier der Streitkräfte einer kriegführenden Macht, und als solcher hätten ihn die Niederlande als neutrale Macht eigentlich internieren müssen. Das war bisher mit allen deutschen, britischen und belgischen Soldaten geschehen, die die Grenze überschritten hatten. Der britische Botschafter Walter Beaupré Townley verlangte daher bereits am 10. November von den Niederländern, Wilhelm zu internieren. Ähnliches verlautbarte die französische Regierung. Doch die niederländische Regierung beschloss, Wilhelm nur als Privatperson zu behandeln und ihn vorläufig in Amerongen wohnen zu lassen. An dieser Haltung hielt sie auch bei der Parlamentsdebatte bei, als Sozialdemokraten und Kommunisten seine Ausweisung bzw. Internierung forderten.[109] Am 11. November schickte Wilhelm ein Telegramm an Königin Wilhelmina, in dem er sich für die angebotene Gastfreundschaft bedankte und sich unter ihren Schutz stellte.[110]
Formell dankte der Kaiser erst am Vormittag des 28. Novembers 1918 ab. Er unterzeichnete ein Schreiben mit folgendem Text:
Am Nachmittag des 28. Novembers traf Auguste Viktoria auf Schloss Amerongen ein. William Schabas vermutet, dass die formelle Abdikation die Bedingung der niederländischen Regierung für die Einreiseerlaubnis der Ex-Kaiserin war.[110] Am 1. Dezember verzichtete auch Wilhelms Sohn Wilhelm Prinz von Preußen in seinem Exilort, der niederländischen Insel Wieringen, auf die preußische und auf die Kaiserkrone.[112] Nachdem der Rat der Volksbeauftragten seinen Wunsch, seine Truppen in die Heimat zu führen oder wenigstens als Privatmann auf sein Schloss Oels in Schlesien zurückkehren zu dürfen, abschlägig beschieden hatte, war er am 12. November 1918 seinem Vater ins niederländische Exil gefolgt.„Ich verzichte hierdurch für alle Zukunft auf die Rechte an der Krone Preussens und die damit verbundenen Rechte an der deutschen Kaiserkrone. Zugleich entbinde ich alle Beamten des Deutschen Reiches und Preussens sowie alle Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der Marine, des Preussischen Heeres und der Truppen der Bundeskontingente des Treueeides, den sie Mir als ihrem Kaiser, König und Obersten Befehlshaber geleistet haben. Ich erwarte von ihnen, dass sie bis zur Neuordnung des Deutschen Reichs den Inhabern der tatsächlichen Gewalt in Deutschland helfen, das Deutsche Volk gegen die drohenden Gefahren der Anarchie, der Hungersnot und der Fremdherrschaft zu schützen.“[111]
In seinem Exil lebte Wilhelm, der sich nach dem Tod seiner Frau 1922 ein zweites Mal verheiratet hatte, in einer Vorstellungswelt, die nach dem Urteil seines Biographen John C. G. Röhl „in ihrer alptraumhaften Entrücktheit und weltanschaulichen Radikalität extrem befremdlich wirkt“. Wenn er sich nicht mit Holzhacken oder Altertumswissenschaften befasste, hing er Gewaltphantasien gegen die „Novemberverbrecher“, Verschwörungstheorien und rechtsradikalen Ausfällen gegen Juden, Freimaurer und Demokraten nach. Er veröffentlichte apologetische Schriften und betrieb Öffentlichkeitsarbeit, in der vergeblichen Hoffnung, zurück auf den Thron gerufen zu werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Abdankung_Wilhelms_II.
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Kaiser Wilhelm II.
Sa 12 Okt 2024 - 0:39
Das war doch dieser Hurra-Kaiser, mit dem "Hurra in den Weltuntergang". Damit meine ich natürlich den Ersten Weltkrieg und die Generalmobilmachung von 1914, wo er rief "Auf zu den Waffen, auf in den Kampf!" (oder so ähnlich). Er zeichnete sich zu sehr durch seinen Größenwahnsinn aus, als dass man in ihn einen Vorbild sehen kann. Er machte viel zu vieles schlimmer, denke ich. Hier mehr über ihn:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_II._(Deutsches_Reich)
Was haltet ihr so von ihm und seinen Wirken, auch rückblickend gesehen?
Wilhelm II., mit vollem Namen Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen (* 27. Januar 1859 in Berlin; † 4. Juni 1941 in Doorn, Niederlande), aus dem Haus Hohenzollern war von 1888 bis 1918 letzter Deutscher Kaiser und König von Preußen. Im sogenannten Dreikaiserjahr folgte der 29-jährige Wilhelm II. seinem nur 99 Tage herrschenden, 56-jährigen Vater Friedrich III. und seinem 90-jährigen Großvater Wilhelm I. auf den Thron Preußens und des Deutschen Reiches. Durch seine Mutter Victoria von Großbritannien und Irland war er Enkel der britischen Königin Victoria.
Wilhelm II. im Jahr 1902 (Atelier Thomas Heinrich Voigt) Kaiserin Auguste Victoria und Wilhelm, verheiratet von 1881 bis zu ihrem Tod im Jahr 1921, im Jahr 1906; auf der Grundlage einer Fotografie von Emil Bieber, ebenfalls Hoffotograf, Bundesarchiv Koblenz Großes Wappen des Deutschen Kaisers bis 1918
Aufgrund seiner traditionellen Herrschaftsauffassung zeigte Wilhelm II. wenig Verständnis für das Wesen der konstitutionellen Monarchie und bestand darauf, die Regierungspolitik persönlich zu leiten. Durch sein als undiplomatisch und großspurig empfundenes Auftreten verursachte er mehrfach innen- und außenpolitische Krisen. Der von ihm stark forcierte Ausbau der Kaiserlichen Marine und die damit verbundene sogenannte Weltpolitik wurden zum Markenzeichen der wilhelminischen Ära, trugen aber auch zum Konfliktpotenzial bei, das sich im Ersten Weltkrieg entlud. Erst im Oktober 1918, unter dem Eindruck der unabwendbaren Niederlage Deutschlands und der mit ihm verbündeten Mittelmächte, stimmte Wilhelm der Parlamentarisierung des Reiches zu. Nach den Oktoberreformen war der Reichskanzler nicht mehr ihm, sondern dem Reichstag verantwortlich.[1]
Im Weltkrieg war der Kaiser von der Obersten Heeresleitung unter den Generälen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff weitgehend kaltgestellt und auf repräsentative Aufgaben beschränkt worden. Er verlor zusehends an Ansehen, und angesichts der drohenden Niederlage wurde seine Stellung vollends unhaltbar. Zudem verlangte US-Präsident Woodrow Wilson vor der Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen kaum verklausuliert den Thronverzicht des Kaisers. Als die Novemberrevolution am 9. November 1918 auch Berlin erfasste, gab Reichskanzler Max von Baden die Abdankung Wilhelms ohne dessen Zustimmung bekannt. Wenige Stunden später, am Mittag des 9. November, erfolgte die Ausrufung der Republik in Deutschland.
Am Tag darauf floh der Kaiser vom Großen Hauptquartier im belgischen Spa, wo er sich seit dem 29. Oktober aufgehalten hatte, ins niederländische Exil. Erst dort dankte er am 28. November formell ab. Königin Wilhelmina und die Regierung der Niederlande gewährten ihm Asyl und lehnten 1919 die von den Entente-Mächten verlangte Auslieferung als Kriegsverbrecher ab. Wilhelm ließ sich in Haus Doorn nieder und bemühte sich erfolglos um eine Restauration der Monarchie in Deutschland. Er starb 1941 im Alter von 82 Jahren, ohne jemals wieder deutschen Boden betreten zu haben.
Zunehmende Kritik am Kaiser und Entlassung Bülows
Inzwischen hatte die öffentliche Meinung bereits lange vor der Daily-Telegraph-Affäre begonnen, den Kaiser grundsätzlich kritisch zu sehen. Schon 1902 hatte er sich mit der Swinemünder Depesche in die bayerische Innenpolitik eingemischt, zudem ohne sich mit dem Reichskanzler vorher abzustimmen, und so einen Skandal verursacht. Eine Kampagne schadete Wilhelm konkret: 1906 griff der Journalist Maximilian Harden, ein außenpolitischer Hardliner, der bereits 1905 einen Präventivkrieg gegen Frankreich gefordert hatte, in seiner Zeitschrift Die Zukunft die angebliche „Kamarilla“ um den Kaiser an.
Der Liebenberger Kreis, ein seit zwei Jahrzehnten bestehender Freundeszirkel um Wilhelm und den Fürsten Philipp zu Eulenburg, der den Kaiser angeblich zu seinem „persönlichen Regiment“ bewogen haben soll, wurde als „homoerotische Tafelrunde politischer Weichlinge“ dargestellt, die den Kaiser vom „männlichen“ Kurs Bismarcks abbringen und zu einer dauerhaften Friedenspolitik gegenüber Frankreich und Großbritannien bewegen wolle und daher sogar über die Rückgabe des annektierten Reichslandes Elsaß-Lothringen diskutiere. Harden zog alle Register des Sensationsjournalismus, indem er Eulenburgs Homosexualität (nach § 175 damals ein Straftatbestand) enthüllte und anprangerte.[37] Er erreichte durch Manipulationen, dass Eulenburg sich in einen Meineid verstrickte und schließlich festgenommen wurde. Es folgten drei Sensationsprozesse gegen Eulenburg, die trotz Freisprüchen das Ansehen des Kaisers beschädigten und in die auch Reichskanzler Bülow hineingezogen wurde.[38] Die von 1906 bis 1909 schwelende Harden-Eulenburg-Affäre wuchs sich zu einem der größten Skandale des Kaiserreiches aus und erregte auch international Aufsehen.
Kaiserparade anlässlich des Herbstmanövers in Süddeutschland 1909
1909 zerbrach der sogenannte Bülow-Block, in dem sich die regierungsunterstützenden linksliberalen Parteien sowie die Nationalliberale und die Deutschkonservative Partei zusammengeschlossen hatten. Auslöser war der Versuch Bülows, das preußische Wahlrecht zu reformieren, worauf ihm die im preußischen Landtag dominierenden Konservativen die Gefolgschaft verweigerten.[39] Sozialdemokraten und Zentrumspartei, die diesen Versuch in seinen Grundsätzen unterstützen, verweigerten trotzdem die Zusammenarbeit mit Bülow. Sie warfen ihm Prinzipienlosigkeit vor, da er erst kurz zuvor in Zusammenarbeit mit den Konservativen neue Repressalien gegen die polnische Minderheit durchgesetzt hatte. Die Germanisierungspolitik wurde auf Betreiben Kaiser Wilhelms eingeschränkt. Dass Bülow nun aber, um sich die Loyalität der Konservativen Partei zu sichern, die Enteignung von polnischen Gütern erleichterte, ignorierte der Kaiser zunächst, um die stabile Parlamentsmehrheit nicht zu gefährden. Doch entließ er Bülow und ernannte am 7. Juli 1909 Theobald von Bethmann Hollweg zum Reichskanzler.
Erster Weltkrieg
Julikrise
Wilhelm in Armeeuniform, um 1915
In der Julikrise 1914 spielte Wilhelm II. eine ambivalente Rolle. Er versuchte einerseits, den Frieden durch einen fieberhaften Briefwechsel mit dem russischen Zaren („Lieber Nicky!“ – „Lieber Willy!“) zu retten, der bei der nunmehr objektiven Kriegsentschlossenheit sämtlicher Kontinental-Großmächte gar nichts bewirkte. Andererseits drängte er zum Losschlagen. Faktisch steigerte der Kaiser letztlich die Kriegsgefahr, denn er ermächtigte Bethmann Hollweg nach dem Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914, Österreich-Ungarn eine Blankovollmacht für dessen aggressive Politik gegen Serbien zu erteilen.
Obwohl die Stärke Deutschlands immer mehr zugenommen hatte, hielt Wilhelm, mit seinen Ängsten vor „Sozialismus“, „gelber Gefahr“, „slawischer Flut“ und seiner Idee vom „unvermeidlichen Gegensatz von Slawen und Germanen“, die Zeit für die letzte Abrechnung gekommen. Dabei unterschätzte er den serbienfreundlichen Panslawismus, mit dem seit 1905 die russische Politik die Unruhen im eigenen Reich zu bändigen fest entschlossen war.[41] Der deutsche Botschafter in Wien Heinrich von Tschirschky drängte auf Wilhelms Anweisung zu einer Aktion gegen Serbien: Er solle „mit allem Nachdruck erklären, daß man in Berlin eine Aktion gegen Serbien erwarte und daß es in Deutschland nicht verstanden würde, wenn wir die gegebene Gelegenheit vorübergehen ließen, ohne einen Schlag zu führen“.[42]
Faktisch wurde nach der österreichisch-ungarischen Kriegserklärung an Serbien die Außenpolitik von Kaiser und Kanzler dem deutschen Generalstab überlassen: Die Mobilmachung im Russischen Reich erlaubte es nach dem Urteil der Generalität dem Deutschen Reich nicht, mit der Kriegserklärung an Russland und Frankreich länger zu warten, da sonst der deutsche Schlieffen-Plan, bei einem Zweifrontenkrieg erst schnell Frankreich, dann Russland zu schlagen, undurchführbar zu werden drohte. Wilhelm mischte sich in der Folge nicht in militärische Zielsetzungen ein, überließ diese aber nicht verfassungsgemäß dem Reichskabinett, sondern der Obersten Heeresleitung (OHL).
In zwei sogenannten Balkonreden am 31. Juli und am 1. August 1914 bereitete Wilhelm die Bevölkerung auf einen kommenden Krieg vor. Nach Ausbruch des Krieges hielt er am 4. August 1914 vor den Abgeordneten eine Thronrede zum Kriegsausbruch, bei der er im Sinne seiner Burgfriedenspolitik erklärte: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!“ In einer weiteren Rede, die am 7. August 1914 in allen deutschen Zeitungen veröffentlicht wurde, behauptete er: „Mitten im Frieden überfällt uns der Feind.“ Die erhaltene Tonaufzeichnung dieser Rede wurde erst am 10. Januar 1918 angefertigt.[43]Kriegsbeginn und zunehmender Machtverlust
Wilhelm II. im Kreise der deutschen Generale (Photomontage) Im Verlauf des Ersten Weltkrieges 1914–1918 wurde die Bedeutung des Kaisers immer geringer. Besonders mit der Dritten Obersten Heeresleitung unter Hindenburg und dem dominierenden Ludendorff wurde er 1916–1918 zunehmend von den politisch-militärischen Entscheidungen ausgeschlossen. Jedoch schob die Heeresleitung ihm 1917 die auch im Reich umstrittene Entscheidung über die Wiederaufnahme des nach dem „Lusitania-Zwischenfall“ 1915 eingestellten „uneingeschränkten“ U-Boot-Kriegs zu. Er schloss sich – gegen den Rat seines Reichskanzlers – der Meinung der Militärs an, was im April 1917 zur Kriegserklärung der USA führen sollte. Diese machten später die Abdankung des Kaisers zur Bedingung für die Eröffnung von Friedensverhandlungen. Am 13. Juli 1917 trat Bethmann Hollweg zurück. Nun hatte Ludendorff eine faktisch diktatorische Position. Auf weitere Reichskanzlerwechsel, zunächst von Bethmann Hollweg zum unerfahrenen Georg Michaelis und noch im selben Jahr zum betagten bayerischen Zentrumspolitiker Georg von Hertling, nahm Wilhelm II. keinen Einfluss, die 1918er Reform der Reichsverfassung in Richtung auf eine parlamentarische Monarchie wurde ohne ihn versucht. Die „stille Diktatur der OHL“ war auch durch die Schwäche Kaiser Wilhelms bedingt, der in den beiden letzten Kriegsjahren immer hilfloser agierte, was die Position der OHL stärkte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_II._(Deutsches_Reich)
Was haltet ihr so von ihm und seinen Wirken, auch rückblickend gesehen?
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